Donnerstag, 4. März 2010

Das Einstecktuch


"Wenn jeder Mann mehr Einstecktücher als Krawatten besäße, gäbe es mehr gut gekleidete Herren."

Das Jackett ihres Anzuges hat eine Brusttasche, ebenso Ihr Sakko: dort hinein gehört ein Einstecktuch. Keine Brille, Kugelschreiber oder gar das Mobiltelefon!
Und nicht nur zum besonderen Anlass, zur Hochzeit oder Abendgarderobe. Nein, grundsätzlich. Es gibt Tage, da geht man ohne Krawatte aus dem Haus, aber niemals ohne Tuch.

Geschichte
Früher, als solche Dinge noch wichtig waren, war dieses Tuch auch wirklich ein funktionales Accessoire der Herrenkleidung. Zum Tabakschnupfen brauchte man ein Tuch zum Schnäuzen. Damit nun die braunen Schnäuzflecken nicht so auffallen, bekam das Tuch ein auffälliges, buntes Muster, oft ein Paisley.
Nachdem das Schnupfen selber, aber auch das offene Tragen verschnupfter Tücher, aus der Mode kam, wurden die Tücher kleiner und mehr dekorativ eingesetzt. Der Mann von Welt hatte nun zwei Tücher, eines zum Zeigen in der Brusttasche und eines zum "Benutzen" in der Hosentasche. One for the show, one for the blow, wie der Brite sagt.

Dies hat sich bis heute erhalten. Allerdings muss im Notfall, z.B. zum Abbinden einer Duellverletzung oder um einer Dame ein Staubkorn aus dem Auge zu fischen und wenn nichts anderes verfügbar ist, dass Einstecktuch ohne Murren herhalten können. Ansonsten wäre es wirklich nur nutzloser Zierrat und als solcher nicht tragbar für einen Herren.

Typen von Einstecktüchern
Einstecktücher gibt es in allen möglichen Materialien, Seide, Wolle, Baumwolle, Leinen, uni oder bedruckt, grellbunt oder zurückhaltend.
Ein Einstecktuch sollte nicht kleiner als 30 x 30cm sein, da es sonst in der Jackettasche verschwindet, aber auch nicht größer als 50x50cm sein, da es sonst zu viel Material gibt, welches die Tasche unschön ausbeult. Das hängt allerding auch von der Stärke des Materials ab.
Ich selber bevorzuge bunte Seiden- oder Wolltücher. Zwar raten die meisten, zuerst ein weißes Leinentuch anzuschaffen, aber das ist mir zu bieder. Ich besitze nur zwei weiße Tücher und trage diese fast ausschließlich zur Abendgarderobe.

Eine Auswahl an Einstecktüchern: 4x Seide und einmal Cashmere (mitte)

Seide harmoniert meiner Meinung nach besonders mit matten Stoffen, Tweed und Flannel, wohingegen Wolle oder Woll/Seidenmischungen (Bild oben, schwarzer Anzug mit rotbraunem Streifen, oranges Cashmeretuch mit Blüten) und Leinen besonders gut zu glatteren Stoffqualitäten passen.

Kombiniere, kombiniere!
Beim Kombinieren gibt es unzählige Möglichkeiten. So kann man das Tuch auf eine Grundfarbe aus Krawatte oder Hemd abstimmen, wobei man darauf achten muss, dass Tuch und Krawatte nicht zu gleich oder gar aus identischen Material sind. Das wirkt immer sehr einstudiert.
Man kann das Tuch aber auch auf eine Sekundärfarbe der Krawatte oder des Hemdes abstimmen, auf die Socken, die Schuhe oder auf gar nichts. Je weniger Abstimmung, desto lockerer wirkt das Tuch, desto mehr verwunderte Kommentare ob der Unstimmigkeit muss man aber auch ertragen können.

Es gibt viele gute Möglichkeiten, ein Einstecktuch zu falten, ich persönlich bevorzuge eine gebauschte, in die Tasche gestopfte Variante, wie sie Michael Alden von der Londonlounge hier so wunderbar zeigt.
Aber auch auf Einstecktuch.com gibt es gute Anleitungen.

Nächstes Mal: Handrolliert oder nicht handrolliert, das ist hier die Frage!

2 Kommentare:

  1. ...und wenn der Mann eine schöne Auswahl an Tüchern in vielen Farben, Stoffarten und vor allem Größen besitzt, hat auch Frau etwas davon!
    Auch wir wissen uns mit Tüchern zu schmücken...

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  2. Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag.
    Als Lindy Hop Tänzer sehe ich auf Swingbällen immer wieder Herren in Anzügen im Stil der 30er und 40er Jahre, die ihre Einstecktücher bis zur Hälfte der Tuchlänge einfach lose aus der Brusttasche heraushängen lassen. Was halten Sie von dieser Art, Einstecktücher zu tragen? Ist das üblich? Ich persönlich finde, es spiegelt den bewusst den legeren Geist der Swing-Ära wider.

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